Sprache ist für alle da
Ein Workshop zum Thema „Leichte Sprache“ mit Journalist Nikolai Prodöhl
Von Emma Zoe Adolf
Es gibt eine riesige Bandbreite an verschiedenen Medien: Zeitungen, Podcasts, Radio, Filme, Videoreportagen und viele mehr. Da sollte doch für jeden etwas dabei sein, oder? Weit gefehlt. Für Menschen mit Lernschwäche, Demenz oder eingeschränkter Lesekompetenz, aber auch für Deutsch-Lernende, die die Sprache noch nicht fließend beherrschen, sieht die Lebensrealität meist anders aus. Weit mehr als 10.000.000 Menschen allein in Deutschland sind auf Medien angewiesen, die in der so betitelten „Leichten Sprache“ verfasst sind.
Nikolai Prodöhl ist Journalist beim inklusiven Magazin „Andererseits“, verfasst Kolumnen für den Tagesspiegel, nimmt monatlich an Podcasts teil und berichtet in einem Blog über die Special Olympics. Seine Themen: Inklusion und Teilhabe. Im Rahmen des JMF 2024 hielt er einen Workshop über Leichte Sprache und ihre Anwendung ab.
Grundsätzlich ist zwischen der Leichten und der Einfachen Sprache zu unterscheiden. Die Einfache Sprache zeichnet sich durch kurze Sätze aus, die aus nicht mehr als 15-20 Wörtern und maximal einem Komma bestehen sollten. Auf Fremdwörter oder Abkürzungen sollte weitgehend verzichtet werden, in Einzelfällen ist eine Nutzung mit anschließender Erklärung möglich. Wer wiederum die Leichte Sprache anwenden will, muss die Sätze noch kürzer und prägnanter halten. Nicht mehr als zehn Wörter pro Satz sind erwünscht, außerdem wird auf Kommata verzichtet.
Auf beiden Sprachebenen gibt es zudem einfache Regeln, die den betroffenen Menschen das Lesen und Hören merklich vereinfachen: Verwendet werden vorwiegend kurze und einfach verständliche Wörter. So kann statt „öffentlicher Nahverkehr“ einfach „Bus und Bahn“ geschrieben werden. Lange Wörter werden für die bessere Lesbarkeit durch Punkte oder Striche in einzelne Bestandteile unterteilt (Jugend*medien*festival). Auf große Zahlen wird verzichtet. Statt 1849 werden Formulierungen wie „vor langer Zeit“ verwendet. Pro Satz wird außerdem nur eine Information vermittelt. Auch auf Sonderzeichen (%&$§@€) wird verzichtet, es sei denn, diese werden im Anschluss erklärt. Beim Seitenlayout wird auf Schriftgröße 14 und einen Zeilenabstand von 1,5 geachtet. Eine geeignete Schrift ist Arial. Ein weiterer Tipp für diejenigen, die sich selbst einmal in der Leichten oder Einfachen Sprachen versuchen möchten, ist, den Genitiv zu vermeiden. Ein Beispiel kann so aussehen:
✖️“Das Haus des Lehrers“
✔️“Das Haus, indem der Lehrer wohnt“
Texte, die zum Beispiel für Menschen mit Lernschwäche verfasst werden, sollten unbedingt von mindestens einer Person gegengelesen werden, die selbst eine Lernschwäche oder Ähnliches hat, meint Prodöhl. So wird gewährleistet, dass der Text für eben diese Personengruppe wirklich verständlich ist. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe, die unter anderem für das Übersetzen offizieller Websites in Leichte Sprache zuständig ist, bietet darüber hinaus Workshops an, in denen man lernen kann, wie Texte richtig in Leichte Sprache übersetzt werden. Ein weiteres und noch kostenpflichtiges Tool ist die KI SUMM AI, die Texte in Leichte Sprache übersetzen kann. Chat GPT dagegen verfügt noch nicht über die Mittel, eine gewährleistete Übersetzung zu erstellen.
Die Frage, ob Prodöhl die Leichte Sprache zukünftig mehr in größeren Verlagen und Zeitschriften vertreten sehen möchte, bejaht er. „Es ist wichtig, damit es mehr Menschen verstehen.“ Zugleich ist er sich aber über den hohen Aufwand bewusst, der hinter einer solchen Umsetzung stehen würde. Hinzu kommt, dass der Journalismus „ein schnelles Geschäft“ ist. Abschließend hält Prodöhl jedoch fest, dass Menschen mit Behinderungen jeglicher Art trotzdem unbedingt teilnehmen können sollten. „Denn wenn man nichts versteht, hat man auch keine Teilhabe“.